00:00:07 Wetterdaten nutzen, um Einkaufsentscheidungen zu optimieren.
00:00:41 Wetterabhängige Produkte und ihre Korrelation zum Wetter.
00:02:00 Historischer Kontext von Wetterdaten-Startups und ihr Nischenstatus.
00:03:23 Stromanbieter nutzen Wetterdaten effizient zur Verbrauchsprognose.
00:06:02 Die Komplexität von Wetterdaten im Vergleich zu supply chain data und technischen Herausforderungen.
00:08:00 Die Auswirkung des Wetters auf IPO-Märkte und die Nachfrage nach Produkten.
00:10:00 Der begrenzte Nutzen von Wettervorhersagen für supply chains.
00:12:45 Der Nutzen vergangener Wetterdaten zur Erklärung der Produktnachfrage.
00:14:00 Den Klimawandel nutzen, um saisonale Prognosen zu verbessern, und seine Grenzen.
00:15:49 Vergleich von täglichen Temperaturschwankungen mit den Auswirkungen des langfristigen Klimawandels.
00:17:01 Die Bedeutung der Nutzung von Transaktionsdaten für supply chain Entscheidungen.
00:18:04 Web-Traffic-Daten nutzen, um supply chain besser zu verstehen.
00:18:36 Wettbewerbsintelligenz in supply chain decision-making einsetzen.
00:19:27 Fazit: Andere Datenquellen priorisieren, bevor man Wetterdaten erschließt.

Zusammenfassung

Joannes Vermorel, Gründer von Lokad, diskutiert mit Kieran Chandler, dem Moderator, das Potenzial und die Grenzen von Wetterdaten in der Optimierung der supply chain. Vermorel hebt hervor, dass Wetterdaten über eine starke Erklärungskraft verfügen, allerdings möglicherweise nicht sehr nützlich sind, um Prognosen zu verfeinern. Die multidimensionale Natur des Wetters erschwert es, diese effektiv in Prognosen einzubinden. Vermorel betont die Wichtigkeit, Transaktionsdaten und nicht-transaktionale Daten, wie Web-Traffic und Wettbewerbsintelligenz, gegenüber Wetterdaten und Social Data zu priorisieren. Wetterdaten könnten nützlicher sein, um vergangene Verkaufsleistungen zu analysieren. Trotz der Herausforderungen könnten Unternehmen, mit der Weiterentwicklung der supply chain management, zukünftig größere Chancen erhalten, Wetterdaten für strategische decision-making zu nutzen.

Erweiterte Zusammenfassung

In dieser Episode interviewt Kieran Chandler, der Moderator, Joannes Vermorel, den Gründer von Lokad, einem Softwareunternehmen, das sich auf supply chain Optimierung spezialisiert hat. Sie diskutieren die Rolle von Wetterdaten bei der Optimierung von Einkaufsentscheidungen und die Komplikationen, die auftreten, wenn verschiedene Prognosen kombiniert werden.

Die Idee, Wetterdaten für die supply chain Optimierung zu nutzen, ist simpel: Viele Produkte sind stark wetterabhängig und ihre Nachfrage wird von den Wetterbedingungen beeinflusst. Beispiele hierfür sind Grillfleisch oder sogar Autos, da Menschen in unterschiedlichen Klimazonen möglicherweise verschiedene Fahrzeuge wählen. Zahlreiche supply chain Praktiken zielen darauf ab, Prognosen durch die Einbeziehung von Wetterdaten zu verbessern.

Vor einem Jahrzehnt herrschte ein Hype um Wetterdaten und Startups, die sich auf die Verfeinerung von Prognosen konzentrierten. Trotz des anfänglichen Interesses ist die Nutzung von Wetterdaten für die supply chain Optimierung jedoch ein Nischenbereich geblieben. Lokad führte vor etwa zehn Jahren mehrere Einsätze für große Unternehmen durch, aber diese Bemühungen legten schließlich nach, da der Aufwand den Nutzen nicht rechtfertigte.

Eine der wichtigsten Erkenntnisse aus Lokads Erfahrung ist, dass Wetterdaten unglaublich kompliziert sind. Es handelt sich um ein multidimensionales Problem mit einer großen geografischen Vielfalt. Die Wetterbedingungen können sich bereits innerhalb von nur 20 Kilometern aufgrund von Faktoren wie der Höhe erheblich unterscheiden. Zudem ist das Wetter nicht über den ganzen Tag hinweg einheitlich, was Prognosen zusätzlich erschwert.

Es gibt jedoch Branchen, die Wetterdaten erfolgreich nutzen, wie beispielsweise Stromanbieter. Diese verwenden die Daten, um den Stromverbrauch vorherzusagen, sodass sie genau die Menge an Energie liefern können, die das Netz in jeder Minute des Tages benötigt. Da Stromspeicherung ineffizient und unpraktisch ist, sind präzise Prognosen unerlässlich für das Versorgungsmanagement.

Obwohl das Konzept, Wetterdaten zur supply chain Optimierung zu nutzen, logisch erscheint, hat es sich als komplex erwiesen und ist ein Nischenbereich geblieben. Die hoch variable und multidimensionale Natur des Wetters erschwert eine effektive Einbindung in Prognosen. Dennoch haben einige Branchen, wie Stromanbieter, damit Erfolg, Wetterdaten für ihre spezifischen Bedürfnisse zu nutzen.

Vermorel erklärt, dass Wetterdaten aufgrund ihrer geografischen Spezifität und der Vielzahl an zu berücksichtigenden Faktoren – wie Regen, Wind, Luftfeuchtigkeit und Sonnenlicht – äußerst komplex sind. Diese Komplexität führt dazu, dass Wetterdaten erheblich umfangreicher und schwieriger zu bearbeiten sind im Vergleich zu traditionellen supply chain data.

Obwohl der Erhalt von Wetterdaten dank Cloud-Anbietern einfacher geworden ist, bleibt die Verarbeitung und Korrelation dieser Daten mit Verkaufsmustern eine Herausforderung. Vermorel betont, dass das Wetter lokal sehr unterschiedliche Auswirkungen auf den Verkauf haben kann und Unternehmen diverse Heuristiken anwenden müssen, um diese Nuancen zu berücksichtigen.

Als Antwort auf den Vorschlag, einfachere und reaktivere Auslöser basierend auf der Temperatur zu verwenden, räumt Vermorel ein, dass die Temperatur ein wichtiger Faktor sein kann, betont jedoch, dass sie nicht der alleinige ist. Beispielsweise könnte ein heißes, regnerisches und windiges Wochenende nicht zu einem Nachfrageanstieg bei Grillprodukten führen. Zudem weist Vermorel darauf hin, dass auch Kunden Wettervorhersagen beobachten – ebenso wie Unternehmen –, was zu veränderten Kaufmustern aufgrund von Wettererwartungen führen kann.

Betrachtet man die kurzfristige Genauigkeit von Wettervorhersagen, erklärt Vermorel, dass Prognosen, die über zehn Tage hinausgehen, in der Regel nicht sehr nützlich für supply chain Entscheidungen sind. Bei Ereignissen wie Hitzewellen zählt die Vorhersage meist nur zu Beginn und am Ende des Ereignisses, was zu einem nur kurzen Nutzungszeitraum führt.

Im Gespräch über die Zukunft von supply chains und Wettervorhersagen räumt Vermorel das Potenzial für bessere Prognosen ein, einen größeren Einfluss auszuüben. Er betont jedoch, dass der interessanteste Einsatz von Wetterdaten wohl in der Analyse vergangener Verkaufsleistungen liegen könnte. Beispielsweise kann das Verständnis, ob eine erfolgreiche Eisverkaufskampagne auf effektives Marketing oder einfach auf eine Hitzewelle in Paris zurückzuführen war, wertvolle Einblicke für Unternehmen bieten.

Die Einbindung von Wetterdaten in die supply chain Optimierung ist eine komplexe und herausfordernde Aufgabe, die potenzielle Vorteile beim Verständnis vergangener Verkaufsleistungen bietet, jedoch begrenzte kurzzeitige Prognoseanwendungen zulässt. Da sich die Wettervorhersagetechnologie und das supply chain management stetig weiterentwickeln, könnten Unternehmen künftig größere Möglichkeiten erhalten, Wetterdaten für strategische Entscheidungsfindung zu nutzen.

Vermorel teilt seine Erkenntnisse über die Bedeutung von Wetterdaten, die Auswirkungen des Klimawandels und welche Arten von Daten Unternehmen für eine bessere supply chain Optimierung in den Fokus nehmen sollten.

Vermorel erklärt, dass Wetterdaten zwar über eine starke Erklärungskraft verfügen, jedoch möglicherweise nicht so nützlich sind, um Prognosen zu verfeinern. Viele supply chain Praktiker finden sie zwar hilfreich, um vergangene Entwicklungen zu verstehen, jedoch nicht unbedingt für die Erstellung von zukünftigen Vorhersagen.

Auf die Frage nach den Auswirkungen des Klimawandels auf saisonale Prognosen weist Vermorel darauf hin, dass – obwohl es ein bedeutendes globales Thema ist – dessen Einfluss auf die supply chain Optimierung aufgrund der unterschiedlichen Zeithorizonte minimal ist. Während Klimawandelprognosen Jahrhunderte umfassen, konzentrieren sich supply chain Entscheidungen auf Monate oder wenige Jahre. Daher ist der Einfluss des Klimawandels auf die supply chain Optimierung relativ gering.

Vermorel hebt die Bedeutung von Transaktionsdaten für die supply chain Optimierung hervor. Er weist darauf hin, dass viele Unternehmen diese Daten nicht effektiv nutzen, da sie oft ihren Bestand und die stockout Kosten nicht in finanziellen Begriffen beziffern. Durch den optimalen Einsatz von Transaktionsdaten können Unternehmen ihre supply chain Entscheidungen verbessern.

Zudem schlägt Vermorel vor, sich auf nicht-transaktionale Daten zu konzentrieren, die leicht zu erheben und für die supply chain eines Unternehmens hochrelevant sind. Web-Traffic-Daten können beispielsweise wertvolle Einblicke in das Kundenverhalten und die Produktleistung liefern. Wettbewerbsintelligenz, wie zum Beispiel Informationen zu den Preisen der Konkurrenz, stellt eine weitere wertvolle Datenquelle dar, auch wenn deren Erhebung schwieriger sein kann.

Wetterdaten und Social Data können nützlich sein, doch empfiehlt Vermorel, dass Unternehmen zunächst Transaktionsdaten, Web-Traffic-Daten und Wettbewerbsintelligenz priorisieren. Erst wenn sie die Vorteile anderer Datenquellen ausgeschöpft haben und über ein großes data science Team verfügen, sollten Wetterdaten und Social Data in Betracht gezogen werden.

Wetterdaten können nützlich und interessant sein, um vergangene supply chain Leistung zu analysieren, doch es gibt andere Datenquellen, die für die Optimierung wichtiger sind. Unternehmen sollten Transaktionsdaten, Web-Traffic-Daten und Wettbewerbsintelligenz priorisieren, bevor sie Wetterdaten oder Social Data für die supply chain Optimierung erschließen.

Vollständiges Transkript

Kieran Chandler: Heute werden wir darüber sprechen, wo einige der Komplikationen liegen können, wenn verschiedene Prognosen kombiniert werden, und ob diese Daten so genutzt werden können, dass sie uns wertvolle Einblicke liefern.

Joannes Vermorel: Die Idee ist simpel: Es gibt viele Produkte, die bezüglich der Nachfrage stark wetterabhängig sind. Man denke etwa an Grillfleisch, das man vielleicht für das kommende Wochenende kauft, wenn die Sonne scheint und man dann grillt. Aber allgemeiner gibt es ganze Produktklassen, die sehr wetterabhängig sind – bis zu einem gewissen Grad ist so ziemlich alles witterungsabhängig. Sogar Ihr Auto: Wenn Sie in einer sehr kalten Region leben, wählen Sie vermutlich nicht dasselbe Auto wie in einer sehr heißen oder regenreichen Gegend. Deshalb ist es interessant, diese Daten zu haben, und offensichtlich, weil es ein offensichtlicher Faktor ist, denken viele supply chain Praktiken daran, die Prognose zu verbessern, indem sie versuchen, diese Daten aus dem Wetter – insbesondere durch die Betrachtung von Wettervorhersagen – einzubeziehen.

Kieran Chandler: Sicherlich gilt: Je mehr man weiß, desto besser kann man Entscheidungen für die Zukunft treffen. Wie funktioniert das also in der Praxis?

Joannes Vermorel: Das ist interessant, besonders der Teil, wie es in der Praxis funktioniert. Als ich Lokad vor zehn Jahren gründete, waren Wetterdaten und Wetter-Startups in aller Munde. Damals gab es wahrscheinlich in Frankreich drei Startups, die ausschließlich darauf ausgerichtet waren, Prognosen mit Wetterdaten zu verfeinern, und in den USA waren es wohl etwa 20. Es ist also bemerkenswert, denn das war vor einem Jahrzehnt und es entwickelte sich zu einem kleinen Modebegriff, bei dem alles, was witterungsaktiv oder wettergetrieben in der Analytik war, im Fokus stand. Aber was interessant ist, ist, dass es in der Praxis unglaublich nischig geblieben ist. Sogar bei Lokad haben wir vor etwa zehn Jahren einige Einsätze für große Unternehmen durchgeführt, und das Interesse legte schließlich nach. Kurz gesagt: Der Aufwand war einfach viel zu groß im Verhältnis zum Nutzen.

Kieran Chandler: Was haben wir also eigentlich gelernt, als wir das vor all den Jahren in die Praxis umgesetzt haben?

Joannes Vermorel: Wir haben sehr viel gelernt. So hatten wir Einsätze mit einem großen europäischen Stromanbieter, von dem ich glaube, dass er genau zu den Unternehmen zählt, die heute Wetterdaten sehr effizient nutzen. Stromanbieter verwenden Wetterdaten, um den Stromverbrauch vorherzusagen, sodass sie genau so viel Energie liefern können, wie das Netz in jeder Minute benötigt. Übrigens kann man Strom nicht speichern – es gibt zwar Möglichkeiten, aber diese sind sehr ineffizient, langsam und in der Praxis unpraktisch. Daher sind sehr präzise Prognosen notwendig. Zurück zu den Wetterdaten: Die wesentlichen Erkenntnisse waren zahlreich. Zum einen ist das Wetter einfach unglaublich kompliziert. Die meisten realisieren gar nicht, dass es ein derart multidimensionales Problem darstellt. Man hat das geografische Raster, und eines der Merkmale des Wetters ist, dass es extrem lokal ist. Ich war überrascht, wie stark sich die Temperaturen bereits innerhalb von 20 Kilometern unterscheiden können – man kann buchstäblich einen Unterschied von 15 Grad feststellen, wenn ein Ort nur einen Kilometer höher liegt als der andere. Dadurch ergibt sich eine enorme geographische Vielfalt, und zudem ist das Wetter kein statisches Phänomen für den ganzen Tag. Wenn man im Fernsehen zuschaut, sieht man etwa fünf Regenepisoden, jeweils zehn Minuten lang, die über den Tag verteilt sind. Es ist also ein sehr präzises Phänomen, das sich buchstäblich von Minute zu Minute ändert. Man hat erst die geografische Komponente, dann die Zeit mit einer extrem feinen Granularität. Offensichtlich spielt es eine große Rolle, ob es nachts oder tagsüber regnet – solche Dinge. Und das Wetter selbst beschränkt sich nicht nur auf Temperatur und Regen. Es gibt so etwa ein halbes Dutzend Messwerte wie Wind, Luftfeuchtigkeit, Licht, Windgeschwindigkeit und -richtung sowie die Frage, ob es kontinuierlich wehen wird oder nicht. Es ist also ein sehr multidimensionales Phänomen, und demzufolge würde ich sagen, dass es eine eigene kleine Welt für sich darstellt. Man beschäftigt sich bereits mit all den supply chain data, die an sich schon sehr komplex sind, und dann entdeckt man, dass es diesen Wetterdatensatz gibt, der praktisch nebeneinander existiert – und er ist buchstäblich mindestens zehnmal komplizierter als alle supply chain data zusammen.

Kieran Chandler: Ja, es gibt also offensichtlich diese Komplikationen, aber es sind Komplikationen, mit denen sehr gut umgegangen wird. Sie werden systematisch erfasst – und welche technischen Herausforderungen bringt das mit sich, da es Dinge sind, die wir inzwischen zu kennen beginnen?

Joannes Vermorel: Jawohl, ich meine, zuerst erhält man ein Volumen an Wetterdaten, das buchstäblich 10 bis 100 Mal größer ist als deine supply chain data. Also, in Bezug auf Softwaretechnik endet man mit etwas, das dafür ausgelegt war, sich mit der supply chain und deren Maßstab zu befassen, und dann merkt man, dass wenn man die Wetterdaten verarbeiten möchte, man buchstäblich 100 Mal mehr Daten handhaben muss. Das bringt eine Menge Reibungsverluste mit sich. Ich meine, vor einem Jahrzehnt war es ja bereits ein eigenes Problem, überhaupt an die Wetterdaten zu kommen. Heutzutage ist dieses Problem mit vielen Cloud-Anbietern, die einem die Daten direkt in der Cloud verkaufen, wesentlich einfacher geworden. Aber die Verarbeitung dieser Daten bleibt äußerst kompliziert, vor allem, weil es dabei nicht darum geht, die Wetterdaten zu verarbeiten, um Wettersimulationen zu erstellen. Es geht darum, die Wetterdaten zu verarbeiten, um etwas zu tun, das immer noch sehr nischenspezifisch ist, nämlich diese Daten mit Verkaufsmustern zu korrelieren. Und nochmals: Bedenke, dass Wetter super lokal ist. Zum Beispiel, wenn du einen Markt hast, der Menschen aus einem weiten Umkreis, wie 30 oder sogar 50 Kilometern, anzieht, dann hast du nicht nur ein einziges Wetter zu berücksichtigen. Du musst möglicherweise Daten über ein größeres geografisches Gebiet konsolidieren, und du wirst all die notwendigen Heuristiken selbst herausfinden müssen.

Kieran Chandler: Aber das wird hier sehr kompliziert, wenn man verschiedene Höhenlagen und unterschiedliche Granularitäten betrachtet. Gibt es nicht etwas etwas Simpleres, das wir einführen könnten, vielleicht etwas Reaktiveres, wie anstelle eines min/max einen automatisierten Bestellvorgang, sobald die Temperatur einen bestimmten Grad erreicht? Ist das nicht interessant?

Joannes Vermorel: Ich meine, es ist in der Tat interessant. Bei der Temperatur hast du das erste Messkriterium, absolut. Und tatsächlich kannst du damit beginnen, dich ausschließlich auf die Temperatur und die durchschnittliche Tagestemperatur zu konzentrieren. Dennoch spiegelt das bei weitem nicht alles wider, was du wissen musst. Wenn wir zum Beispiel das Szenario betrachten, in dem die Nachfrage nach Fleisch einen Ausschlag nimmt, weil die Leute erwarten, ein Barbecue zu veranstalten, falls das nächste Wochenende sehr heiß, aber auch sehr regnerisch und windig wird, könnte der Nachfrageanstieg für deine Barbecue-Produkte nicht so ausgeprägt sein. Also, nochmals: Ja, die Temperatur ist wichtig. Wettervorhersagen machen deutlich, dass dieses Wochenende oder das darauffolgende Wochenende mit hoher Wahrscheinlichkeit sehr schön wird. Dann weiß das auch jeder, und so hast du Kunden, die anfangen, die wetterabhängigen Produkte zu kaufen. Wenn du die Daten nur mit ein oder zwei Tagen Verzögerung analysierst, erhältst du ebenfalls Informationen über das Wetter. Bedenke, dass Wettervorhersagen über etwa zehn Tage hinaus nicht sehr genau sind, sodass du keine Optimierungen mit Wettervorhersagen treffen kannst, die weiter in die Zukunft reichen als zehn Tage. Nach zehn Tagen fällst du im Grunde auf den saisonalen Durchschnitt zurück, als wüsstest du gar nichts. Es ist zwar interessant, aber auch sehr kurzfristig. Bedenke nur, dass zum Beispiel, wenn du in eine Hitzewelle wie in Paris gerätst, diese Hitzewelle vielleicht ein paar Wochen andauert. Der Zeitraum, in dem die Vorhersage tatsächlich von Bedeutung ist, sind nicht die drei Wochen der Hitzewelle, sondern vielmehr die drei Tage, in denen du in die Hitzewelle hineintrittst, und dann vielleicht die zwei oder drei Tage, in denen du sie verlässt. Es ist also ein sehr enger Zeitraum im Jahr, in dem du wirklich einen Vorteil hast.

Kieran Chandler: Okay, also ist das Zeitfenster sehr klein, und das Sammeln all dieser Daten bringt uns nicht wirklich einen großen Nutzen. Wenn wir einen Blick vorauswerfen auf einige der supply chains der Zukunft und uns vorstellen, dass wir eines Tages zukünftige Wettervorhersagen haben werden, die unglaublich genau sind und weiter in die Zukunft blicken können, und wir insgesamt eine größere Kontrolle über unsere supply chains haben, könntest du dir den Tag vorstellen, an dem eine Wettervorhersage nützlicher wäre, um die Wetterdaten besser zur Prognose zu nutzen?

Joannes Vermorel: Das ist möglich. Es gibt Unternehmen, wie zum Beispiel Stromanbieter, die das mit sehr hoher Effizienz machen. Für sie sind die Wetterdaten ein Input, der sehr wertvoll ist und ihre Genauigkeit erheblich verbessert. Aber das Interessante ist, dass die nützlichste Anwendung der Wetterdaten nicht in einem Blick in die Zukunft liegt; vielmehr geht es tatsächlich darum, in die Vergangenheit zu schauen. Zum Beispiel, wenn du Speiseeis verkaufst und eine neue Werbekampagne für deine Produkte startest, die sehr gut läuft – verkauft es sich gut, weil die Kampagne gut war oder einfach, weil es in Paris eine Hitzewelle gab und fast jeder, der Speiseeis verkauft, in jenem Teil des Sommers eine gute Phase hatte? Ein Rückblick auf die Wetterdaten kann sehr nützlich sein, um die Nachfrage nach deinen Produkten zu erklären. Hier musst du dich nicht mit den Feinheiten der Granularität befassen. Du kannst Daten über längere Zeiträume oder erweiterte geografische Gebiete aggregieren, und das liefert dir etwas mit einer starken erklärenden Kraft.

Kieran Chandler: Das ist wahrscheinlich der Grund, warum die Leute, einschließlich vieler supply chain Praktiker, so begeistert von der Idee sind, Wetterdaten zur Verfeinerung der Prognose zu nutzen. Selbst wenn dieser Aspekt nicht so gut funktioniert, liegt es daran, dass Wetterdaten sehr nützlich sind, um die Vergangenheit zu erklären. Wie steht es mit Dingen wie Klimawandel? Wir haben das Verständnis, dass die Welt allmählich wärmer wird, und das wird unsere saisonalen Prognosen in Zukunft beeinflussen. Können wir diese Erkenntnis nutzen? Gibt es etwas Nützliches daran?

Joannes Vermorel: Leider spielen unterschiedliche Größenordnungen eine Rolle. Selbst die pessimistischsten Klimawandelprognosen beziehen sich auf etwas, das über viele Jahre betrachtet immer noch relativ klein ist im Vergleich zu den täglichen Schwankungen, die wir im Wetter beobachten.

Kieran Chandler: Natürlich, im 21. Jahrhundert sprechen wir von ein paar Grad Unterschied. Übrigens, wenn man an geologische Zeit denkt, handelt es sich um eine sehr steile Entwicklung des Klimas. Wenn sich die Erde global um zwei Grad erwärmt oder abkühlt über ein Jahrhundert, ist das viel. Es ist sehr bedeutsam. Dennoch sprechen wir über ein paar Grad über ein Jahrhundert. Selbst in einem sehr milden Klima wie in Paris schwankt die Temperatur typischerweise zwischen dem Höchstwert am Tag und dem Tiefstwert um etwa 20 Grad. Wir haben ein sehr mildes Klima. Es gibt viele Regionen auf der Welt, in denen die Temperaturen zwischen dem Höchstwert am Tag und dem Tiefstwert in der Nacht um 40 Grad schwanken.

Joannes Vermorel: Letztlich bedeutet das, dass ein Klimawandel von vielleicht zwei Grad über ein Jahrhundert – wenn man bedenkt, wie viel Veränderung das von einer Saison zur nächsten mit sich bringt – buchstäblich verschwindend gering ist. Die meisten Konsumgüter kommen auf den Markt, erreichen innerhalb von etwa zwölf Monaten ihren Höhepunkt und verschwinden dann zwei oder drei Jahre später wieder. Man erkennt, dass der Einfluss des Durchschnittsklimas auf die Optimierung der supply chain sehr klein ist, einfach weil wir nicht vom gleichen Zeitraum sprechen. Supply chain geht darum, Entscheidungen für die nächsten ein paar Monate, vielleicht fürs nächste Jahr oder sogar für die nächsten paar Jahre zu optimieren, wenn man wirklich große Pläne hat. Aber ich glaube nicht, dass viele Unternehmen daran denken, Jahrhunderte vorauszuplanen – abgesehen davon, schlanker zu werden sowie weniger Energie zu verbrauchen oder weniger Abfall zu produzieren, was ein Gewinn für die Zukunft ist. Es ist jedoch nichts, was man wirklich mit einer Prognose plant.

Kieran Chandler: Also, welche Art von anderen Daten sollten wir betrachten? Was ist im Moment wichtiger als die Wetterdaten?

Joannes Vermorel: Wir haben einen Punkt erreicht, an dem die meisten Unternehmen ihre Transaktionsdaten nicht einmal korrekt nutzen. Die meisten Unternehmen, mit denen wir sprechen, haben bei Beginn unserer Zusammenarbeit nicht einmal ihre Fehlbestandskosten in Euro oder Dollar quantifiziert. Lagerbestand ist ein trade-off zwischen den Kosten des Lagerbestands und den Kosten eines Fehlbestands. Wenn ich es vereinfache: Du musst im Grunde zwei Risiken ausbalancieren, und du bewertest sie nicht einmal.

Kieran Chandler: Finanziell gesehen ist eines dieser beiden Risiken so schwer zu optimieren, dass gar nichts effizient optimiert wird. Die erste Stufe besteht also darin, den Großteil deiner Transaktionsdaten zu nutzen, die super zuverlässig sind und genau die Granularität besitzen, die für deine supply chain Entscheidung wichtig ist. Die zweite Stufe besteht darin, alle Daten zu verwenden, die nicht transaktional sind, sich aber leicht erfassen lassen und dennoch sehr relevant für deine eigene supply chain sind. Zum Beispiel wären das Web-Traffic-Daten, falls du eine Marke bist. Du kannst dir ansehen, wie viele Besuche jede einzelne Seite deiner Website erhält, und insbesondere, wenn du Seiten über deine Produkte hast, kannst du den Web-Traffic beobachten. Und wieder gilt: Wenn sich der Web-Traffic entwickelt, erhältst du diese Informationen, die eng mit deinen eigenen Produkten verbunden sind, und das ist etwas, das du nutzen kannst.

Joannes Vermorel: Vielleicht käme als dritte Ebene an Daten die Wettbewerbsintelligenz infrage, also was deine Konkurrenten tun, wie ihre Preisgestaltung aussieht usw. Es sind Daten, die komplizierter zu sammeln sind, aber dennoch sehr eng mit deiner supply chain Aktivität verknüpft sind. Darüber hinaus gibt es dann noch Dinge wie Wetterdaten und Social Data, die möglich sind. Wir haben Beispiele von Unternehmen, die Social Data nutzen, aber sie sind in der Regel super technikgetriebene Firmen, die bereits alle vorherigen Stufen durchlaufen haben, nämlich das Beste aus ihren Transaktionsdaten, Web-Traffic-Daten und Wettbewerbsintelligenzdaten herauszuholen. Dann kannst du dich auch an Wetterdaten und vielleicht an Social Data wagen, und das sind quasi externe Quellen.

Kieran Chandler: Also, um heute abzuschließen: Vielleicht sind Wetterdaten nützlich und können besonders beim Blick in die Vergangenheit interessant sein. Aber die Hauptschlussfolgerung ist im Grunde, dass es andere Dinge gibt, die wichtiger sind.

Joannes Vermorel: Ja, und wenn du noch kein sehr großes Data Science-Team hast, bist du im Grunde noch nicht bereit. Das ist meine Botschaft: Du wirst wissen, dass du bereit bist, wenn du deinen 24. Data Scientist einstellst und nicht genau weißt, welche neuen Dinge es zu erkunden gibt. Dann wäre es eine gute Zeit, um sich damit zu befassen.

Kieran Chandler: Okay, dann beenden wir es für heute. Danke, Joannes. Das war alles für diese Woche bei Lokad TV. Wir kommen beim nächsten Mal mit einer weiteren Episode zurück, vorausgesetzt, wir überstehen diese Hitzewelle. Bis zum nächsten Mal, tschüss fürs Erste.