00:00:03 Internet der Dinge (IoT) und Chinas intelligente Kameras.
00:01:05 Günstige Rechenleistung ermöglicht IoT in Alltagsgegenständen.
00:02:24 Auswirkungen von IoT: Verbesserung der Gerätefunktionalität und supply chain.
00:04:47 Die Rolle von IoT im globalen supply chain management.
00:07:02 Günstige IoT-Geräte: Stromversorgung und Schlafmodi.
00:09:46 Herausforderungen der IoT-Datenintegration in ERP-Systemen.
00:11:28 Amazon überwindet Herausforderungen im Zusammenhang mit IoT-Daten.
00:13:27 Zukunft: Automatisierte Aktivitäten mit IoT, z. B. Amazon Dash Button.
00:13:38 Herausforderungen bei der IoT-Einführung: Sicherheit und Risiken der Botnetzerstellung.
00:16:02 Server kämpfen damit, zwischen menschlichen und maschinellen Anfragen zu unterscheiden.
00:17:12 IoT-Geräte: Attraktive Ziele für Cyberkriminelle.
00:17:49 IoT-Sicherheitslösungen: Codeaudit und Hacker-Bounty-Programme.
00:20:55 Zukunft des IoT: Autonome Fahrzeuge, supply chain Logistik.
00:25:17 Organisatorische/IT-Änderungen für vermehrte IoT-Nutzung.
Zusammenfassung
In einem Interview bei Lokad TV spricht Joannes Vermorel, der Gründer von Lokad, mit Kieran Chandler über die zunehmende Verbreitung und die Implikationen der Internet der Dinge (IoT)-Technologie. Vermorel betont das Potenzial von IoT, das supply chain management zu revolutionieren, indem es eine Echtzeitverfolgung jedes einzelnen Assets und Umweltüberwachung ermöglicht. Er erkennt auch die Erschwinglichkeit und Energieeffizienz von IoT-Geräten an, warnt jedoch vor erheblichen Herausforderungen im Datenmanagement und bei der Sicherheit. Vermorel verweist auf Uber und Amazon als Unternehmen, die IoT geschickt einsetzen – Ubers Fahrerverfolgung und Amazons intelligente supply chain Operationen. Mit Blick in die Zukunft rechnet er, trotz Umsetzungsbarrieren in IT und Organisationsstrukturen, mit einem Anstieg der IoT-getriebenen traceability.
Erweiterte Zusammenfassung
In der neuesten Episode von Lokad TV erkunden Moderator Kieran Chandler und Gast Joannes Vermorel, der Gründer von Lokad, das Thema Internet der Dinge (IoT). Vermorel spricht über die immer stärker werdende Präsenz von IoT-Geräten in unserer vernetzten Welt – ein Trend, der weitgehend durch sinkende Rechenleistungskosten befeuert wird. Diese Erschwinglichkeit ermöglicht es, Computer nahezu in jedes Objekt zu integrieren, ohne dass es zu einer erheblichen Preissteigerung kommt.
Vermorel verweist auf Autos, Geräte zur Haus-Temperaturregelung, IP-Kameras und Smart-Home-Geräte wie Amazon Echo als Beispiele für Objekte, denen IoT-Funktionalitäten verliehen werden können. Er erklärt, dass diese Erweiterungen Objekte vielseitiger machen – etwa durch Selbstdiagnose und Netzwerkanbindung –, was den Weg ebnet für intelligentere Wartung, vorbeugende Reparaturen und eine vereinfachte Nutzung.
Ein Großteil ihres Gesprächs konzentriert sich auf die möglichen Auswirkungen von IoT auf das supply chain management. Vermorel schlägt vor, dass IoT eine entscheidende Rolle bei der Verfolgung und Überwachung von Waren – von der Herstellung bis zum Endverbraucher – spielen kann. Dies könnte dazu beitragen, zentrale Herausforderungen in der supply chain zu bewältigen, wie etwa die Koordination einer großen Zahl beweglicher Assets über weite geografische Gebiete hinweg.
Durch die Integration von IoT in Objekte wie Paletten oder Pakete macht Vermorel darauf aufmerksam, dass eine Echtzeitverfolgung möglich wird, was ein besseres Asset-Management ermöglicht. Darüber hinaus geht die Rolle von IoT-Geräten in supply chain-Prozessen über die reine Standortbestimmung hinaus. IoT-Sensoren können Umweltdaten wie Temperatur und Beschleunigung erfassen und übermitteln, um die Sicherheit der Waren zu gewährleisten und ihren Zustand während des Transports zu überwachen.
Die Erschwinglichkeit und Energieeffizienz von IoT-Geräten ist ein weiteres zentrales Thema ihrer Diskussion. Vermorel veranschaulicht, wie sinkende Rechenkosten es ermöglichen, nahezu jedem Objekt solche Funktionalitäten hinzuzufügen. Die Kosten, einen voll funktionsfähigen Computer mit Internetzugang in ein Produkt einzubetten, könnten nur im einstelligen Dollarbereich liegen und IoT-Geräte somit zu nahezu verbrauchbaren Elementen innerhalb der supply chain machen.
Vermorel erklärt, dass IoT-Geräte, die Fortschritte aus der Mobiltechnologie nutzen, Energie einsparen können, indem sie in den Schlafmodus wechseln, wenn sie nicht aktiv Daten verarbeiten oder übertragen. Diese Geräte können ein bis zwei Jahre lang mit ihrer Batterie betrieben werden, wodurch eine externe Stromversorgung entfällt. Man kann sie als Einwegartikel betrachten, deren Entsorgung und Recycling am Ende ihrer Lebensdauer eingeplant sind.
Sie diskutieren auch die Herausforderung, die von Mikroprozessoren erzeugten Daten in bestehende ERP Systeme zu integrieren. Vermorel räumt ein, dass IoT-Geräte eine enorme Datenmenge erzeugen. Obwohl jedes Gerät für sich genommen nur eine geringe Menge produziert, ist die Gesamtmenge aus vielen Geräten beträchtlich, was neue IT-Strategien wie NoSQL-Datenbanken und Big-Data-Fähigkeiten für eine effektive Datenverarbeitung erforderlich macht.
Vermorel nennt Amazon als ein Unternehmen, das dieses Problem erfolgreich bewältigt hat. Er lobt die langfristige Strategie von Jeff Bezos und Amazons serviceorientierte Architektur. Die Übernahme von Kiva Systems, einem auf Lagerautomatisierung durch Robotik spezialisierten Unternehmen, sowie die Einführung der Amazon Dash Buttons zeigen Amazons innovative Nutzung von IoT.
Vermorel identifiziert anschließend die Sicherheit als eine erhebliche Herausforderung für die Einführung von IoT, neben dem Datenmanagement. Er behauptet, dass IoT-Geräte anfälliger für Hackerangriffe sind als herkömmliche Rechenzentrumscomputer, was dazu führen könnte, dass diese Geräte gehackt und in ein Botnet für Cyberangriffe integriert werden. Als Beispiel nennt er IP-Kameras, die häufig gehackt und dazu genutzt werden, einige der größten Botnets zu erstellen.
Anschließend führt Vermorel das Konzept der Botnets dem Publikum vor. Botnets, die von Kriminellen kontrolliert werden, können für verschiedene böswillige Aktivitäten eingesetzt werden, am häufigsten für Denial-of-Service-Angriffe. Bei diesen Angriffen wird das Botnet genutzt, um eine Website mit Traffic zu überfluten und so den Zugriff für echte Benutzer zu blockieren. Kriminelle Gruppen nutzen dies oft als Erpressungsmethode und bieten an, den Angriff gegen Zahlung einzustellen. Aufgrund ihrer schwachen Sicherheit und Internetanbindung sind IoT-Geräte besonders attraktive Ziele für derartige Angriffe.
Die Komplexität, IoT-Geräte zu sichern, ist das nächste Thema, das Vermorel anspricht, und er vergleicht diese Herausforderung mit den Sicherheitsverletzungen, die etablierte Unternehmen wie Intel erlebt haben.
Er betont die Bedeutung regelmäßiger Quellcode-Audits und Belastungstests der Geräte, um Schwachstellen zu identifizieren. Er schlägt vor, dass ‘Bounty-Programme’ von Technologieanbietern ‘White-Hat’-Hackern Anreize bieten könnten, potenzielle Sicherheitslücken zu entdecken und zu melden, wodurch die allgemeine Sicherheit verbessert würde.
Vermorel wendet sich anschließend dem Potenzial und den Herausforderungen von IoT zu. Er sieht eine vielversprechende Zukunft voraus, räumt jedoch die bestehenden Hürden ein. Er erwähnt, dass Uber beispielsweise IoT bereits in großem Maßstab einsetzt, indem jedes Fahrzeug in ihrem Netzwerk über die Smartphones der Fahrer verfolgt wird, was ihrem Dispositionssystem umfassende Kontrolle und Effizienz verleiht.
Vermorel betont außerdem Ubers Übergang hin zu einem Netzwerk autonomer Fahrzeuge. Er rechnet damit, dass Uber, sobald autonome Fahrzeuge zum Mainstream gehören, im Grunde als ein riesiges IoT-Netzwerk agieren wird, das bewegliche Assets steuert. Er fügt hinzu, dass autonome Lastwagen bereits auftauchen, wobei Uber die erste vollständig autonome Lkw-Flotte in den USA eingeführt hat.
Die Diskussion schließt mit einem Fokus auf supply chain traceability, wobei Vermorel IoT als ein mächtiges Werkzeug ansieht. Es kann Echtzeit-Updates und vollständige Rückverfolgbarkeit bieten, was für Branchen, die mit hochwertigen Gütern wie Unterhaltungselektronik, Luxusartikeln oder Impfstoffen handeln, von entscheidender Bedeutung ist. Vermorel erkennt Amazon als Vorreiter im Einsatz von IoT in supply chain Operationen an, wodurch dem Prozess Agilität und Flexibilität verliehen wird.
Durch die Nutzung von Echtzeit-Einblicken bis hinunter zur Palettenebene schlägt Vermorel vor, dass Unternehmen intelligente, sofortige Entscheidungen treffen können – etwa eine laufende Lieferung aufgrund eines plötzlichen Bedarfs umzuleiten. Während er prognostiziert, dass diese Anwendungen in greifbarer Nähe liegen, warnt er, dass die Umsetzung von Änderungen in IT und Organisationsstrukturen zur Anpassung an neue Betriebsweisen erhebliche Herausforderungen mit sich bringen könnte. Er versichert jedoch, dass – wenn alles korrekt implementiert wird – ein dystopisches ‘Black Mirror’ scenario unwahrscheinlich ist.
Gesamtes Transkript
Kieran Chandler: In der heutigen Episode werden wir Alltagsgeräte besprechen, die, sobald sie mit dem Internet verbunden sind, intelligent werden. Diese tragen den recht vagen Titel Internet der Dinge. Heutzutage leben wir in einer wahrhaft vernetzten Welt, in der die Zahl der mit Software und Sensoren ausgestatteten Geräte scheinbar täglich zunimmt. Dieser Anstieg der Konnektivität bringt zweifellos Vorteile mit sich. Zum Beispiel führte in Shenzhen, China, die Installation von 40.000 smarten Kameras in der ganzen Stadt zu einem Rückgang der Kriminalitätsrate um über 50%. Allerdings können diese Alltagsgeräte gehackt werden. Im besten Fall nutzen die Hacker das Gerät, um Informationen für gezielte Werbekampagnen zu sammeln. Im schlimmsten Fall können diese Sicherheitslücken für Angriffe auf Dienstleistungsebenen verwendet werden, wie sie in der Vergangenheit eingesetzt wurden, um die Banksysteme ganzer Länder lahmzulegen – so wie es 2007 in Estland geschah. Also, Joannes, bei einem Schlagwort wie “Internet of Things” klingt es sehr vage. Vielleicht können wir mit einem Beispiel beginnen? Joannes Vermorel: Ja, absolut. Das Internet der Dinge ist lediglich ein Trend, bei dem die Rechenleistung im Laufe der Zeit günstiger wird. Vor einigen Jahren wurde es so billig, dass man einen Computer in der Tasche haben konnte – das ist dein Smartphone. Der Trend hält weiterhin an, und heute ist es so günstig geworden, dass man tatsächlich einen Computer in nahezu jedes Objekt integrieren kann. Und für viele Dinge, die bereits nicht super billig sind, wird sich der Preis kaum verändern. Zum Beispiel können wir Computer in Autos einbauen – Autos sind ziemlich teuer, sodass sie buchstäblich Dutzende von Mikroprozessoren und intelligente Rechenleistung enthalten können. Wir können sie auch in Geräte einbauen, die die Temperatur deines Hauses steuern, in IP-Kameras, die lediglich eine Internetverbindung benötigen, um ihren Videostream zu einem Online-Dienst deiner Wahl hochzuladen. Neuerdings beobachten wir einen Trend bei smarten Geräten wie Amazon Echo, bei dem du einfach einen Sprachbefehl laut aussprechen kannst, wie zum Beispiel “buy me this song”, und es wird direkt fortfahren, die Bestellung entgegenzunehmen und zu bearbeiten. Kieran Chandler: Wenn wir es aus menschlicher Perspektive betrachten, wie verändert diese Technologie wirklich, wie wir mit diesen Objekten interagieren? Joannes Vermorel: Ich denke, dass es Objekte in vielerlei Hinsicht leistungsfähiger machen kann. Sie können über Selbstdiagnosefunktionen verfügen, sodass, wenn eine Reparatur notwendig wird, viele Objekte eine verständliche Diagnose liefern, falls etwas schiefgeht. Zum Beispiel zeigen die meisten Drucker das Problem direkt am Gerät an. Heutzutage können die meisten Drucker an ein Netzwerk angeschlossen werden, sodass jeder, der Zugriff auf dieses lokale Netzwerk hat, drucken kann – ein direkter Anschluss an den Computer ist nicht zwingend erforderlich. Dieselbe Vorgehensweise lässt sich auch auf gewerbliche Kaffeemaschinen anwenden, die Reparaturen benötigen könnten. Diese Maschinen sind in der Lage, sich selbst zu diagnostizieren und eigenständig eine Wartungsmaßnahme einzuleiten, anstatt auf ein Problem zu warten. Es geht nicht nur um bereits mit Strom versorgte Objekte, die mit IoT erweitert werden können. Aus supply chain-Perspektive können IoT-Funktionen zu Objekten hinzugefügt werden, die normalerweise nicht eigenständig betrieben werden – wie Paletten oder Pakete –, um bessere Tracking-Systeme einzurichten, die direkt Informationen über den Zustand des jeweiligen Objekts an die Zentrale liefern. Kieran Chandler: Du hast also Paletten, Pakete und Lastwagen erwähnt – also aus der Perspektive der supply chain. Wo siehst du das eigentliche Potenzial für Supply Chains durch das Internet der Dinge? Eine der größten Herausforderungen von supply chains besteht darin, in einer enormen Welt zu agieren, in der zahlreiche Assets in Bewegung sind und den Bedürfnissen der Kunden gerecht werden müssen. Es ist sehr schwer, über das gesamte globale Netzwerk hinweg eine enge, ja sogar Echtzeit-Koordination zu gewährleisten. Deshalb bietet IoT die Möglichkeit, jede einzelne Palette, jeden einzelnen Lastwagen und jedes einzelne Paket aktiv zu verfolgen, sodass wir genau wissen, wo sie sich befinden und wo sie während ihres gesamten Lebenszyklus waren. Joannes Vermorel: Ja, es geht nicht nur darum, den Standort zu kennen. Mit einem IoT-Tracker kannst du beispielsweise die Temperatur überwachen, um sicherzustellen, dass sie während des gesamten Transports kontrolliert wurde. Mit einem Beschleunigungssensor kannst du messen, ob deine Waren Stöße erlitten haben, die sie beschädigen könnten. Außerdem können intelligente Sicherheitsmaßnahmen eingesetzt werden, um die physische Unversehrtheit eines Siegels zu überwachen und sicherzustellen, dass das Transportierte nicht manipuliert wurde. Diese Funktionen werden heute bereits mit einfachen, weniger technologischen Methoden genutzt, aber da IoT immer günstiger wird, stellt sich die Frage, was ich mit diesem kleinen Computer, den ich nahezu an alles anbringen kann, erreichen kann. Kieran Chandler: Das ist faszinierend. Aber mir fehlt hier etwas: Woher kommt die externe Stromversorgung für diese Mikroprozessoren und Mikrocomputer, die an jede einzelne deiner Paletten angebracht werden? Müssen diese nicht regelmäßig aufgeladen werden? Joannes Vermorel: Das ist eine gute Frage. Es gibt einen sehr cleveren Trick, der von den Fortschritten bei Mobiltelefonen übernommen wurde. Dein IoT-Gerät muss nicht dauerhaft mit Strom versorgt werden. Es kann in den Schlafmodus wechseln und beispielsweise einmal pro Minute aufwachen, für einen Zehntel einer Sekunde etwas Daten verarbeiten, einen Impuls über das Netzwerk senden und dann wieder in den Schlafmodus zurückkehren. Dadurch kann die Energie der Batterie wesentlich länger erhalten bleiben. Moderne IoT-Geräte können, sofern sie nicht übermäßig beansprucht werden, ein bis zwei Jahre lang betrieben werden.
Kieran Chandler: Also, wenn Ihr Gerät nur ein paar Dollar kostet und Sie etwas relativ Teures verfolgen möchten, wird das IOT-Gerät zu einem Verbrauchsmaterial. Sie nehmen es ab Werk, Batterien inbegriffen, es hat eine Betriebsdauer von, sagen wir, zwei Jahren, und am Ende seines Lebenszyklus entsorgen Sie es einfach zum Recycling. Aber ist das nicht ein wenig verschwenderisch? Die Umwelt spielt heutzutage eine so große Rolle.
Joannes Vermorel: Wie viele Dinge verbrauchen supply chains eine Menge Verbrauchsmaterialien, einschließlich all dieser Verpackungen, die um die Waren herum nötig sind, um Beschädigungen zu verhindern. Diese Verbrauchsmaterialien müssen ebenfalls recycelt werden. Unterhaltungselektronik ist im Allgemeinen ziemlich einfach zu recyceln. Außerdem sprechen wir buchstäblich von Gramm an Material, also ist es sehr leicht. Daher ist die Umweltbelastung sehr gering, einfach weil es so klein, so leicht ist, und wenn es richtig gemacht wird, kann es fast vollständig recycelt werden.
Kieran Chandler: Sprechen wir also über die Daten, die diese Mikroprozessoren produzieren. Könnten Sie erörtern, wie IoT-Technologien in bestehende ERP-Systeme implementiert werden könnten?
Joannes Vermorel: In der Tat, die Implementierung von IoT in bestehende ERP-Systeme ist eine der größten Herausforderungen. Eine IoT-Flotte kann eine enorme Menge an Daten erzeugen. Jedes Gerät für sich mag vielleicht nicht Gigabytes an Daten generieren, aber aufgrund der schieren Anzahl von Geräten ist die aggregierte Datenmenge typischerweise immens. Es ist in der Regel ein oder zwei Größenordnungen mehr als die typischen Transaktionsdaten, die Sie historisch über ein ERP gesammelt haben.
Dies erfordert unterschiedliche IT-Strategien zur Verarbeitung, wie zum Beispiel die NoSQL-Bewegung. NoSQL-Datenbanken können wesentlich mehr Daten auf eine viel skalierbarere Weise verarbeiten. Üblicherweise benötigt man Big-Data-Fähigkeiten, um all diese durch IoT erzeugten Daten zu aggregieren und zu verarbeiten. Es passt nicht natürlich in Ihre historische Architektur der transaktionalen ERP-Welt. Es erfordert umfangreiche Unterstützung durch die IT department, um alle notwendigen Komponenten – in der Regel in der Cloud – bereitzustellen, um die IoT-Flotte vor Ort zu unterstützen.
Kieran Chandler: Gibt es Unternehmen, die dieses Datenproblem erfolgreich überwunden haben?
Joannes Vermorel: Ja, das gibt es. Amazon beispielsweise ist Vorreiter in diesem Bereich. Jeff Bezos’ langfristiges Denken war beeindruckend. Bereits 2002 veröffentlichte er ein berühmtes Memo, das Amazon zu einer serviceorientierten Architektur drängte. Dies ist eine gute Wahl, wenn Sie Dienste benötigen, die dem skalierbaren Event-Streaming gewidmet sind, ähnlich wie es bei einer IoT-Flotte erforderlich ist. Sie haben auch Kiva systems übernommen, das im Wesentlichen IoT nutzt, um die Verfolgung von Hunderten von Robotern in Lagern zu ermöglichen.
Amazon verschiebt sogar die Grenzen der supply chain mit dem Dash Button. Dieses Gerät, das Sie bei Amazon kaufen und an Ihren Kühlschrank kleben können, ermöglicht es Ihnen, mit einem einfachen Druck zusätzliche Mengen eines Produkts zu bestellen. Heutzutage unternehmen sie sehr aggressive Schritte mit IoT, obwohl es immer noch sehr wenige Unternehmen gibt, die in diese Richtung gehen.
Kieran Chandler: Es ist eine interessante Perspektive, dass ich in Zukunft anstatt eines Supermarkteinkaufs einfach meinen Kühlschrank öffnen, ein paar Tasten drücken und alles geliefert bekommen kann. Abgesehen von den Daten, gibt es noch andere Hindernisse, die die Einführung von IoT blockieren?
Joannes Vermorel: Ja, nachdem Sie Ihre IT-Infrastruktur aufgerüstet haben, um mit den zusätzlichen Daten umzugehen, ist die zweithöchste Herausforderung die Sicherheit. IoT-Geräte sind grundsätzlich gefährdeter als Computer, die in einem gut geschützten Rechenzentrum stehen. IoT-Geräte können gehackt werden. Tatsächlich werden die größten Botnets, die im Internet Chaos anrichten, aus gehackten IoT-Kameras aufgebaut, die von Kriminellen für Angriffe genutzt werden.
Daher ist für Unternehmen der supply chain, die IoT übernehmen möchten, um ihre supply chain aufzurüsten, das zweitwichtigste Anliegen, ein mehrschichtiges Verteidigungssystem zu implementieren, um sicherzustellen, dass ihre Geräteeinheit nicht gehackt und für zerstörerische Zwecke in der digitalen oder realen Welt missbraucht wird.
Kieran Chandler: Der Zweck, all diese intelligenten Geräte ins Netzwerk einzubinden, erscheint fast zu sehr wie eine Black Mirror-Storyline. Können Sie unseren Zuschauern erklären, was Sie unter einem “botnet” verstehen?
Joannes Vermorel: Ein botnet ist, vereinfacht gesagt, wenn Sie Zugriff auf eine große Anzahl von Computern haben, sagen wir eine Million, und diese nutzen können, um Dinge im Internet zu tun. Allerdings sind das in der Regel keine guten Dinge.
Kieran Chandler: Können Sie uns einige Beispiele nennen? Wer macht heutzutage so etwas?
Joannes Vermorel: Dies wird überwiegend von organisierten Kriminalitätsgruppen durchgeführt. Sie können die Kontrolle über diese Maschinen übernehmen und sie nutzen, um von deren Internetverbindung zu profitieren. Zum Beispiel können sie sich mit Websites verbinden und Homepages herunterladen. Das Schwierige dabei ist, dass es aus der Sicht einer Website schwer zu unterscheiden ist, ob ein echter Mensch oder eine Maschine diese Anfragen stellt.
Kieran Chandler: Also lädt eine Maschine die Webseite herunter, nicht die eigentliche Person?
Joannes Vermorel: Genau. Wenn ein Krimineller Zugriff auf eine Million Maschinen hat, können diese alle gleichzeitig eine Webseite anfordern und so einen Denial-of-Service-Angriff erzeugen. Die Website wird überlastet und niemand anderes kann darauf zugreifen. Anschließend bietet die kriminelle Gruppe ihre “protection”-Dienste an, um das Problem zu verhindern, ähnlich wie bei einem Lösegeld.
Kieran Chandler: Es klingt, als würden diese Kriminellen Internet of Things (IoT)-Geräte ausnutzen?
Joannes Vermorel: Richtig. IoT-Geräte sind bevorzugte Ziele, weil sie oft schwache Sicherheitsvorkehrungen haben und dennoch über Internetzugang verfügen. Das macht sie ideal zur Bildung von Botnets. Allerdings sind auch noch schwerwiegendere Angriffe möglich.
Kieran Chandler: Bevor wir zu sehr in Hacking-Methoden eintauchen, könnten Sie erklären, wie wir diese Geräte sichern können?
Joannes Vermorel: Die Sicherung dieser Geräte ist ein komplexes Problem. Selbst etablierte Unternehmen wie Intel hatten Sicherheitslücken in ihren CPUs. Zum Beispiel waren die in diesem Jahr entdeckten Specter- und Meltdown-Schwachstellen etwa zwei Jahrzehnte lang unentdeckt vorhanden. Es gibt jedoch einige grundlegende Maßnahmen, um die Sicherheit zu gewährleisten.
Kieran Chandler: Was sind diese grundlegenden Maßnahmen?
Joannes Vermorel: Zunächst muss der Quellcode geprüft werden. Menschen sollten versuchen, die Sicherheit des Geräts zu durchbrechen. Wenn ihnen das nicht gelingt, ist das ein gutes Zeichen. Ohne dass jedoch jemand einen Angriff versucht, können wir nie sicher sein, dass das Gerät wirklich sicher ist. Viele Technologielieferanten bieten Bug-Bounty-Programme an, bei denen sie Personen bezahlen, die Sicherheitslücken finden und nachweisen können. Dies ermutigt die “good guy hackers”, diese Systeme sicherer zu machen.
Kieran Chandler: Sie haben Anreize erwähnt, damit gute Leute helfen, Ihre IoT-Einsätze zu sichern. Es ist ein vielschichtiges Problem ohne eine einfache Lösung, aber in Sicherheit zu investieren, ist definitiv eine Voraussetzung. Das Konzept der “good guy hackers” fasziniert mich besonders. IoT scheint definitiv viel Potenzial zu haben, aber es gibt auch viele Hürden zu überwinden. Wie sehen Sie die Entwicklung in naher Zukunft? Glauben Sie, dass diese Geräte bis zum nächsten Jahr alltäglich genutzt werden? Wie stellen Sie sich die Zukunft von IoT vor?
Joannes Vermorel: Die Zukunft ist in vielerlei Hinsicht bereits hier. Zum Beispiel überlegen Sie, was Uber tut. Sie nutzen IoT in großem Maßstab mit menschlichen Fahrern, da sie noch keine autonomen Fahrzeuge haben. In Bezug auf die supply chain verwenden sie IoT-Tracker, das sind die Smartphones ihrer Fahrer. Sie müssen nicht einmal für das IoT-Gerät bezahlen, da die Fahrer bereits welche besitzen und die App installieren. Uber verfolgt die Position jedes einzelnen Fahrzeugs, was ein Teil des Uber-Netzwerks ist. Sie verfügen über ein übergreifendes Steuerungssystem, mit dem sie die Nachfrage an die nächstgelegenen Fahrer verteilen und diese dazu anregen können, zu bestimmten Zeiten an bestimmten Orten präsent zu sein. Für mich ist Uber also bereits wie ein IoT-Netzwerk.
Dasselbe geschieht bei autonomen Lastwagen. Uber eröffnete die erste vollständig autonome Lkw-Linie, die quer durch die USA reiste. Daher glaube ich, dass wir in den nächsten Jahren viel rund um autonome Fahrzeuge und Rückverfolgbarkeit sehen werden. Rückverfolgbarkeit bedeutet nicht nur, Fälschungen zu verhindern, sondern auch, die Integrität Ihrer Produkte entlang der gesamten supply chain zu gewährleisten. IoT gibt uns die Möglichkeit, jeden Container, jede Palette, jede Kiste zu verfolgen, solange das, was Sie transportieren, einen Wert hat. Dies ist besonders relevant, wenn Sie Dinge wie Impfstoffe, Unterhaltungselektronik, Luxusgüter und dergleichen verfolgen. Es ist von Vorteil, sicherzustellen, dass Ihre gesamte supply chain sicher ist, die Integrität gewahrt bleibt und Sie vollständige Rückverfolgbarkeit sowie Echtzeit-Updates über alles innerhalb Ihrer supply chain haben.
Intelligente Unternehmen wie Amazon sind der Konkurrenz voraus, werden jedoch Wettbewerb ausgesetzt sein. Diese Unternehmen werden Echtzeit-Einblicke nutzen, bis hin zur Position jeder einzelnen Palette, um ihre supply chain-Operationen intelligenter zu gestalten. Sie werden agiler, in der Lage sein, Pläne mitten in einer Lieferung als Reaktion auf auftretende Situationen zu ändern. Zum Beispiel kann in der Luftfahrt ein Echtzeit-Alarm bei einem “aircraft on ground”-Problem die Umleitung einer bereits laufenden Lieferung auslösen. Ich glaube, dass diese Entwicklungen am Horizont stehen. Die bedeutendsten Herausforderungen werden wahrscheinlich darin bestehen, die IT-Änderungen umzusetzen und organisatorische Veränderungen vorzunehmen, um diese neuen Betriebsweisen der supply chain zu akzeptieren.
Kieran Chandler: Das klingt vielversprechend, solange es korrekt umgesetzt wird und wir nicht bald in einem dystopischen “Black Mirror”-Szenario landen. Vielen Dank für eine weitere faszinierende Diskussion. Wir sind nächste Woche mit einer weiteren Episode zurück. Bis dahin, auf Wiedersehen.